Nachruf für Helmut Schneider

von Hermann Berger

„Es hat mich schon sehr nachdenklich gemacht, wie sich mein Leben von heute auf morgen verändert hat“, sagte mir vor kurzem noch Helmut, als ich ihn nach seinem Schlaganfall das erste Mal wieder sah.
Seine Bewegungen, sein Sprechen waren langsamer und bedächtiger geworden.
Und doch war er wie immer, wenn man ihn sah, dieses freudig diebische Lächeln in seinem Gesicht und seine Augen blitzten vor Freude über das Wiedersehen.
„Wie geht es Dir“ fragte ich ihn und ärgerte mich gleichzeitig darüber, unser Gespräch mit solch einer Floskel zu beginnen, anstatt ihn einfach zu umarmen. Aber Helmut antwortete als wäre es das Normalste der Welt über so eine Auszeit im Leben zu reden.

Weißt du, sagte er, ich habe gelernt umzudenken, musste viel wieder lernen, aber langsam geht es.
Der Mensch sagte er und da nehme ich mich nicht aus, hetzt durchs Leben als wäre jemand hinter einem her.
Man nimmt die Dinge gar nicht richtig wahr.
Es ist als würde ich mit meiner Harley übers Land düsen und links und rechts von mir verwischt alles zu Streifen.
Wenn ich dann langsamer fahre, sehe ich, dass die Streifen eigentlich Häuser, Bäume, Wiesen und Äcker sind.
Wenn man dann anhält und stehen bleibt, stellt man erstaunlicher Weise auch fest, man wird gar nicht gejagt.

Selten hatte ich weisere Worte aus seinem Mund vernommen.
Aber manchmal bedarf es wohl solch einem Schicksalsschlag, um zu erkennen, was wichtig ist im Leben.
Es ist schlicht weg das Leben selbst.
Und nun vermissen wir ihn alle unseren Freund, der sich selbst nicht so wichtig nahm, von dem wir aber nun spüren, wie wichtig er uns war, denn er fehlt, er fehlt sehr.
Wer war dieser Helmut, den so viele Freund nennen durften, der so viele an seiner Lebensreise teilhaben lies, der immer Geschichten aus seinem bewegten Leben bereithielt und der erst spät sein passives Hobby Eishockey zu seinem aktiven machte und der so auch zum festen aktiven Bestandteil der Waldau Old Boys wurde.
Es ist bezeichnend für seinen Charakter, auf ihn konnte man sich stets verlassen, Helmut war immer ein Teamplayer und das Schlimmste für ihn war nach seinem Schlaganfall, dass er nicht mehr mit seiner geliebten Nummer 69 aufs Eis gehen konnte.
Er sagte zu mir, „ich glaube der Verkauf meiner Torwartausrüstung wird ganz schön heftig für mich“!
Ich glaube all die Gespräche mit seinen Freunden spiegelten wieder, was für ein klasse Kerl Helmut war.
Dass er bis zum Schluss immer ein Teil der Old Boyz war, dass er trotz seinen gesundheitlichen Problemen immer dazu gehörte, war für ihn unheimlich wichtig. Dies, hörte er auch nicht auf jedem zu erzählen, der es hören wollte. Freunde sind die Menschen, die bleiben, auch wenn man mal nicht wie gewohnt funktioniert, hat er mir mal gesagt.

Und damit hatte er recht.
Und viele seiner Freunde aus dem Team und drum herum haben mit ihren Nachrufen den Menschen Helmut Schneider wieder gespiegelt.
Nein, einfach war er nicht, er hatte seine Meinung und die hat er immer auch klar in den Raum gestellt und vertreten.
Auch ich hatte anfänglich so meine Probleme mit dem kleinen tätowierten Mann mit der Südstaatenmütze, mit dem ich mal am Bierstand aneinandergeraten war. Aber relativ schnell hat sich das bei einem offenen Gespräch unter Männern geklärt.
Und wir stellten fest, dass wir wohl im Leben schon oft aneinander verbeigeschruppt waren und dass der EV uns nun zusammengebracht hat.

Nur wollte Helmut schon immer mehr als auf den Rängen stehen. Er wollte sich im Verein einbringen und insgeheim war es sein Wunsch auch mal auf dem Eis zu stehen.
Das war dann auch der Grund, dass er sich später bereit erklärt hat den Betreuerposten bei den Wizards zu übernehmen. Hier ging er auf und war stolz ein Teil dieses Teams zu sein.
Er hat seine Jungs von den Wizards geliebt! Aber das war auch eine Liebe auf Gegenseitigkeit.
Wohl kaum eine Person im Team wurde so geschätzt wie Helmut.
Er avancierte zum Mädchen für alles und war dabei immer derjenige, der mit einem Spruch zur rechten Zeit die Minen der eben noch am Boden liegenden Akteure aufhellte.
Da war es auch keine Frage, dass er sofort „ja“ sagte als es um den Aufbau einer Eishockey-Hobbymannschaft ging.
Mit einigen Eishockeybegeisterten Freunden gründete er die Stuttgart Broncos und erfüllte sich so seinen sehnlichsten Traum mit einem Eishockey-Team aufs Eis zu gehen.

Als sich dann der Stuttgarter Eishockey Traditionsverein e.V. gründete, der als eines seiner Ziele die Möglichkeit beinhaltete, begeisterte und ehemalige Spieler, aber auch alte Eishockey-Fans in Stuttgart wieder zusammen zu führen, um somit das Stuttgarter Eishockey zu pushen, war Helmut sofort dabei.
Schon kurz nach der Gründung war er einer derer, die sofort einen aktiven Mitgliedsantrag unterschrieben haben.
Und es wunderte weiß Gott niemanden, dass er sich ab diesem Moment passiv und aktiv, wann immer er benötigt wurde, dem Verein zur Verfügung stellte.

Helmut hinterließ eine große Lücke in unserem Verein.
Eine Lücke die sich mit Sicherheit irgendwann schließen lässt.
Was aber immer bleiben wird, ist die Lücke in unseren Herzen und in unseren Erinnerungen.
Für uns bleibt die Erinnerung an Helmut und das schöne daran ist, dass jede Erinnerung an ihn mit einem Lächeln verbunden sein wird.

Goethe würde sagen:
Was man tief in seinem Herzen besitzt, kann man nicht durch den Tod verlieren.

Oder wie Joe, Helmuts alter Torwartkollege, in seinem Nachruf schrieb:
„Ich sage nur, Freunde fürs Leben…
…nein, Freunde für die Ewigkeit!
…mein Freund, wir sehen uns“!